„Der Letzte macht das Licht aus“, scherzten die Bardowicker Tennisspieler bereits. Der jüngste von ihnen, Knut Zirn, hatte inzwischen die 60 überschritten. Die Abteilung bestand aus kaum mehr als 20 Spielern. Und Nachwuchs war nicht in Sicht. Bis im vergangenen Sommer die Wende kam. Mehr als ein Dutzend neue Spieler, fast alles ehemalige Fußballer, schlagen seitdem beim TSV auf. Und jetzt hat der Verein erstmals seit rund 25 Jahren wieder eine Herrenmannschaft im Spielbetrieb, „Das ist eine tolle Perspektive für uns“, freut sich Sportwart Axel Papke.
Die Geschichte begann Pfingsten 2019 auf der Terrasse von Knut Zirn. Mit Sohn Niklas Zirn und Schwiegersohn Daniel Neumann sprach er über die Tennismisere in Bardowick. Gerade hatte sich Neumanns langjährige Fußballmannschaft, die 2. Herren des MTV Treubund II, aufgelöst. Da kam eine neue sportliche Herausforderung gerade recht. „Die Jungs haben sofort eine WhatsApp-Gruppe gegründet“, erinnert sich Knut Zirn. „Und am nächsten Samstag standen hier 15 Leute auf dem Platz, um Tennis auszuprobieren. Da mussten wir erstmal genug Schläger besorgen.“ Manche der Neuen hatten noch nie Tennis gespielt, andere einst als Jugendliche. Einige sprangen wieder ab, aber viele blieben dabei - und holten weitere Kumpels dazu. „Dann haben Axel und ich ihnen Tennis beigebracht, so gut wir das können“, sagt Knut Zirn. „Wir sind ja keine Trainer.“ Und die Ex-Fußballer brachten viel Ehrgeiz mit. „Sie haben mich gefragt: ‚Knuti, wie geht die Vorhand? Wie geht ein Volley? Wie werfe ich den Ball beim Aufschlag?“ Neben Daniel Neumann sind viele weitere ehemalige Fußballer dabei wie Felix Brüning-Wolter, Andreas Kautz, Christian Losch, Daniel Krüger, Jannik Preuß, Björn Grande und Thomas Schröder. Und mit Domenic Joost und Kevin Schulze auch zwei gelernte Faustballer. „Es ist genauso wie bei mir damals“, sagt Knut Zirn. 1990 zog er aus dem Kreis Uelzen nach Ochtmissen, hatte bis dahin Fußball gespielt: „Als 32-Jähriger habe ich in Bardowick mit dem Tennis angefangen.“ Zuletzt gehörte er dem Team Herren 55 an, das sich aber mittlerweile aufgelöst hat. So blieben nur noch die Herren 70 im Spielbetrieb. Deren Kapitän Manfred Strunk, langjähriger Tennis-Kreisvorsitzender, erzählt: „Ich bin seinerzeit mit einer ganzen Handball- Mannschaft der HSG Lüneburg zum Tennis gewechselt.“ So wussten Zirn und Co. aus eigener Erfahrung, wie man die Neuzugänge bei Laune hält: „Ganz entscheidend ist: Keiner über 30 fängt einen neuen Sport an, wenn er den nur fünf Monate im Jahr ausüben kann. Also haben wir ihnen im Winter auch Hallenplätze gebucht.“ Denn die Freiluftsaison auf den Asche-Plätzen reicht nur von Mai bis September. So blieben die Neulinge am Ball und meldeten sich nun in der untersten Liga, der Regionsklasse 2, an. „Wegen Corona kam erst kurz vor dem ersten Spiel die Erlaubnis, dass auch wieder Doppel gespielt werden dürfen“, sagt Daniel Neumann. „Da mussten wir uns noch schnell Doppel beibringen. Wir haben nicht damit gerechnet, dass wir mithalten können.“
Doch die Ex-Fußballer können auch mit dem kleinen Filzball umgehen. Das erste Spiel endete 3:3 gegen Barendorf II. Nach vier Partien ist der TSV mit zwei Siegen und zwei Unentschieden ungeschlagen. „Das Ganze hat eine solche Eigendynamik entwickelt, dass wir in der nächsten Saison vielleicht sogar zwei Mannschaften melden können“, sagt Axel Papke, der über einige Eigenheiten der Ex-Fußballer schmunzelte: „Die Jungs haben gleich erstmal einen Trikotsatz von einem Sponsor organisiert. Und reihum nimmt dann immer ein Spieler alle Trikots zum Waschen mit.“ Andersrum machten auch die bisherigen Kicker ganz neue Erfahrungen. „Von der Gemeinschaft beim Tennis kann sich der Fußball eine Scheibe abschneiden“, findet Neumann, „hier bewirten sich die Mannschaften gegenseitig nach dem Spiel und es herrscht ein extrem netter Austausch.“
Ein ausdrücklicher Dank von Knut Zirn geht an den TSV-Vorstand um Jürgen Preuß: „Der Gesamtverein hat immer zu uns gehalten und die jährliche Platzpflege und vieles mehr bezahlt.“ Zu Zeiten des Tennisbooms vor 30 Jahren hatte die Abteilung mehr als 200 Mitglieder. Doch wie in fast allen Clubs sanken die Zahlen rapide. Zumindest in Bardowick geht es wieder aufwärts. Und der umtriebige Knut Zirn hat schon weitere Pläne: „Als nächstes wollen wir eine neue Frauenmannschaft aufbauen.“